Kurzmeldung

Erfolgreiche Ermittlungen nach sogenannten "Callcenter-Betrügereien"

Erfolgreiche Ermittlungen nach sogenannten "Callcenter-Betrügereien"

Online seit 31.07.2018 um 10:49 Uhr

Oberösterreich/Steiermark/Tirol/Vorarlberg/Deutschland/Türkei.

Im Zuge monatelanger intensiver Ermittlungen konnten insgesamt mehrere Betrugshandlungen beziehungsweise Versuche der sogenannte "Callcenter Mafia"- im gesamten Bundesgebiet aufgeklärt werden. Diese kriminelle Vereinigung, die mit mehreren Mittätern offenbar aus der Türkei agiert, arbeitete höchst professionell und verursachte einen Schaden in der Höhe von 162.580 Euro. Am 07. Februar 2018 nahm ein vorerst unbekannter Täter telefonisch mit einer 90-jährigen Frau aus dem Bezirk Steyr-Land Kontakt auf, stellte sich als Polizeibeamter vor und verleitete sie unter Vorspiegelung falscher Tatsachen um Abhebung des Bargeldes und Verwahrung zu Hause, damit das Geld ein "Kollege" kontrollieren beziehungsweise abholen könne. Die betagte Frau behob tatsächlich am 08. Februar 2018 ihr gesamtes Bargeld in der Höhe von 20.000 Euro und teilte dies dem Täter telefonisch mit. Gegen 17:00 Uhr kam - wie vereinbart - der "Kollege" und übernahm das Geld. Die Pensionistin ersuchte jedoch um Ausfolgung einer Bestätigung. Daraufhin wurde ihr ein Zettel eines Rechnungsblockes per Hand ausgefüllt und unter Anführung "Polizeiinspektion Steyr, Tomitzstraße" übergeben. Nachdem das Opfer das Geld nicht wie vereinbart wieder zurückbekommen hatte, erstattete sie bei der Polizei Anzeige. Im Zuge der geführten Ermittlungen von Beamten aus dem Bezirk Steyr-Land konnte ein 26-jähriger Verdächtiger aus Innsbruck ausgeforscht werden. Von der Staatsanwaltschaft Steyr wurde eine Festnahmeanordnung gegen den 26-Jährigen erlassen. Am 17. April 2018 nahmen Beamte den Verdächtigen in Innsbruck fest. Im Zuge der ersten Vernehmung gab der 26-Jährige zu, als Kurier fungiert, das Geld abgeholt und nach Abzug seiner "Provision" einer weiteren unbekannten Person übergeben zu haben. Im Zuge weiterer, monatelanger intensiver Ermittlungen konnten insgesamt sechs weitere Betrugshandlungen beziehungsweise Versuche im gesamten Bundesgebiet mit einer Schadenssumme von 162.580 Euro aufgeklärt werden. Demnach wurde der 26-Jährige bereits seit November 2017 von dem vorerst unbekannten Täter telefonisch mit der Abholung des Geldes bei verschiedenen Personen in Oberösterreich, in der Steiermark und in Vorarlberg beauftragt. Von weiteren Mittätern wurde zuvor telefonisch der Kontakt zu den Geschädigten hergestellt und diese durch die falschen Angaben zur Abhebung des Barvermögens verleitet. Nachdem ersichtlich war, dass die Geschädigten offenbar bereit waren, das Geld zu übergeben, wurde der 26-Jährige beauftragt, er holte das Geld ab und übergab es einem weiteren, derzeit noch unbekannten Kurier in Tirol beziehungsweise München. Aus diesem Grund wurde auch mit den Polizeibehörden in München Kontakt aufgenommen. Es wurde in Erfahrung gebracht, dass im Großraum München bereits unzählige Kuriere in Haft genommen werden konnten. In Zusammenarbeit mit den dortigen Behörden konnte sowohl der Auftraggeber des 26-Jährigen als auch der Übernehmer des Geldes in München ausgeforscht werden. Beim Auftraggeber handelt es sich um einen 29-Jährigen, der in der Türkei aufhältig ist. Gegen ihn besteht bereits ein Haftbefehl der deutschen Behörden, eine Vollziehung war jedoch bislang nicht möglich. Beim Kurier handelt es sich um einen 42-Jährigen aus München. Dieser befand sich bereits kurz in Haft und erwartet Anfang August 2018 seine Hauptverhandlung in München. Der 26-jährige Kurier befindet sich seit 17. April 2018 in Untersuchungshaft in der Justizanstalt Garsten. Die Vorgehensweise und das Tatverhalten der kriminellen Vereinigung entsprechen dem üblichen sogenannten "Callcenter-Betrug", bei welchem sich ein Anrufer meist als Polizeibeamter ausgibt. Durch geschickte Gesprächsführung am Telefon wird beim Geschädigten der Irrtum erweckt, dass ein "echter" Polizeibeamter am Telefon spricht. Unterstützt wird die Täuschung durch sogenanntes "Call-ID-Spoofing", die es dem Anrufer ermöglicht, am Telefon des Geschädigten eine vom Anrufer gewählte beliebige Rufnummer erscheinen zu lassen, die den Anschein erweckt, dass es sich um eine Polizeinummer handelt, was die Täuschungshandlung enorm unterstützt. In den meisten Fällen werden Nummern verwendet, die mit "133" enden. Mit den Geschädigten wird oft stundenlang telefoniert und ihnen Szenarien vorgetäuscht, welche ihnen Angst um ihr Barvermögen machen sollen. Den Geschädigten wird erzählt, dass die Polizei eine Bande von osteuropäischen Einbrechern festgenommen habe. Bei ihnen sei die Adresse der Geschädigten aufgefunden worden und es gebe somit Hinweise, dass die Geschädigten als Opfer der Bande ausgesucht wurden. Außerdem seien in dieser Sache Bankbeamte involviert und es dürfe mit niemand darüber gesprochen werden. Die Gefährdung wird meist mit dem Hinweis verstärkt, dass noch Mitglieder der angeblichen Bande auf freiem Fuß seien. Im weiteren Verlauf der Gespräche erlangen die falschen Polizeibeamten das Vertrauen der verunsicherten Geschädigten, in dem sie beruhigend auf sie einwirken. Die Gesprächsführung der Anrufer ist lageangepasst, variiert von "freundlich" bis "streng" und es wird auch nicht gezögert, den Geschädigten mit rechtlichen Konsequenzen von Seiten der Justiz zu drohen, falls sie nicht gewillt wären, der Polizei zu helfen oder wenn sie mit jemanden über die Sache sprechen. Sobald ein Opfer auf die Täuschung hereingefallen ist, wird durch die falschen Polizeibeamten erklärt, dass das Geld auf der Bank nicht mehr sicher sei und/oder es aus ermittlungstechnischen Gründen notwendig sei, ihr Bargeld abzuheben und der Polizei auszuhändigen. Dies wird meist auch damit begründet, dass die Geldwerte "registriert" oder "überprüft" werden müssen und dies mit einigen Banknoten telefonisch nach Abhebung auch gemacht wird. Sofern die Geschädigten kein Bargeld zu Hause haben, werden sie zur Bank geschickt und aufgefordert, sämtliches Geld abzuheben und nach Hause zu bringen. Aufgrund des massiven Drucks und des selbstsicheren Kommunikationsverhaltens der Täter kommen die zumeist betagten Geschädigten kaum zur Ruhe und fallen unter Umständen auf das Vorgehen der Täter herein. Kontaktaufnahmen der Geschädigten mit der echten Polizei oder mit anderen Personen werden zum Teil dadurch unterbunden, dass die Täter die telefonische Verbindung über einen längeren Zeitraum aufrecht halten. Sobald die Opfer offenbar auf die Täuschung hereingefallen und zahlungsbereit und die Täter sicher sind, dass die echte Polizei nicht verständigt wird, wird ein Abholer (Kurier) zu den Geschädigten geschickt, der hierbei die Rolle eines Kriminalbeamten oder Ermittlers spielt. Dieser nimmt das Geld von den Opfern entgegen und es wird zumeist ein Termin von einigen Stunden zur Rückgabe des Geldes vereinbart. In vielen Fällen erkennen die Opfer erst, dass sie einem Betrug aufgesessen sind, wenn die "Polizisten" nicht mehr anrufen beziehungsweise das Geld zum vereinbarten Termin nicht mehr zurückgebracht wird. Die Täter suchen zielgerichtet Senioren, vermutlich erkennbar aus ihren Vornamen und hier zumeist weibliche Personen, aus. Die Geschädigten waren zwischen 59 und 90 Jahre alt. Zudem nutzen die Täter die Gutgläubigkeit von älteren Menschen, den Mangel an technischem Hintergrundwissen sowie das Vertrauen in staatliche Institutionen aus, um den größtmöglichen Taterfolg zu erzielen, berichtet die Polizei.








von Matthias Lauber
am 31.07.2018 um 10:49 Uhr erstellt,
am 31.07.2018 um 10:49 Uhr veröffentlicht.